Bundesarbeitsministerium will Recht auf Homeoffice per Rechtsverordnung ermöglichen
(Stuttgart) Ein grundsätzlicher Anspruch auf Arbeit im Homeoffice war bis vor kurzem innerhalb der Regierung nicht konsensfähig. Die aktuellen Entwicklungen und Infektionszahlen führen nun aber zu einer Umkehr: Im Wege einer Rechtsverordnung gestützt auf arbeitsschutzrechtliche Normen will das Bundesarbeitsministerium ein Recht auf Homeoffice für Beschäftigte in Büros einführen – befristet zunächst bis zum 15. März 2021.
Die rechtliche Lage schätzt der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott ein.
Abstimmungsrunde vom 19.01.2021 der Länderchefs und der Kanzlerin
Im Wege der Videoschaltkonferenz tagten Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder mehrere Stunden und fassten dabei weitere Beschlüsse zur Anpassung und Verschärfung der bisher bestehenden Schutzmaßnahmen. Während einige Vorschläge wie etwa eine Einschränkung des öffentlichen Personennahverkehrs oder bundesweite Ausgangssperren zunächst vom Tisch sind, gab es ein Übereinkommen mit Blick auf Vorgaben an Arbeitgeber. Zeitnah soll im Wege einer Rechtsverordnung ein Recht auf Homeoffice geschaffen werden.
„Bei Regelungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts und des Arbeitsschutzrechts steht dem Bund unmittelbar eine Gesetzgebungskompetenz zu“, so der Hamburger Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott. „Es bedarf insoweit also keiner Umsetzung durch die Länder wie z.B. im Bereich der Regelungen für Schulen. Der Bund kann daher auf diesem Gebiet bundeseinheitliche Regelungen schaffen“.
Bundesarbeitsministerium plant Rechtsverordnung
Der entsprechende Beschluss vom 19.01.2021 führt dazu aus: „Dazu wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Verordnung befristet bis zum 15. März 2021 erlassen, wonach Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber überall dort, wo es möglich ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen müssen, sofern es die Tätigkeiten zulassen.“
Konkret ist die Umsetzung im Wege einer Rechtsverordnung geplant, die auf eine zum 1.1.2021 neu geschaffene Regelung im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gestützt werden soll. Diese Vorschrift (§ 18 Abs. 3 ArbSchG) erlaubt es dem Bundesministerium für Arbeit ohne Abstimmung mit Bundestag oder Bundesrat für den Zeitraum des Vorliegens einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite weitergehende Regelungen im Bereich des Arbeitsschutzes zu erlassen.
Konkret zu erwartende Regelungen
Dazu liegt auch bereits ein erster Referentenentwurf einer „Corona-Arbeitsschutzverordnung“ (Corona-ArbSchV) vom 18.01.2021 vor. Dieser ist zwischenzeitlich überarbeitet worden und soll als „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“ durch das Kabinett am 20.01.2021 noch verabschiedet werden.
„Die nunmehr vorliegende Fassung ist im Vergleich zum Entwurf noch abgemildert worden. So müssen Arbeitgeber keine wöchentlichen Corona-Schnelltests mehr anbieten, wie es noch der Entwurf vorsah“, so Fuhlrott.
Die finale Fassung umfasst daher nur noch vier Paragraphen, die sich in „Ziel und Anwendungsbereich“ (§ 1), „Maßnahmen zur Kontaktreduktion im Betrieb“ (§ 2), „Mund-Nasen-Schutz“ (§ 3) und „Inkrafttreten, Außerkrafttreten“ (§ 4) unterteilen. Eine Beschlussfassung ist bereits für den 20. Januar 2021 vorgesehen, das Inkrafttreten soll fünf Tage nach der Verkündung erfolgen und die Regelungen bis zum 15. März 2021 in Kraft bleiben.
Herzstück: Recht auf Homeoffice
§ 2 Abs. 4 der Verordnung sieht ein Recht auf Homeoffice vor und lautet wie folgt:
„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“
„Das Herzstück des Entwurfes ist sicherlich das Recht auf Homeoffice“, so Fuhlrott. „Dieses soll auch durch die Aufsichtsbehörden geprüft werden und werden Unternehmen dann darlegen müssen, welche zwingenden betrieblichen Gründe bestehen, warum ein Büroangestellter vor Ort sein muss.“ Fuhlrott dazu weiter: „Ein Recht auf Homeoffice ist natürlich ein großer Eingriff in die betriebliche Organisationshoheit. So sinnvoll eine Tätigkeit im Homeoffice derzeit sein mag, so stellt sich schon die Frage, ob ein derart massiver Eingriff im Wege einer Rechtsverordnung möglich ist und nicht vielmehr eines durch den Bundestag verabschiedeten Gesetzes bedurft hätte. Auch ist es unklar, was genau „zwingende betriebsbedingte Gründe“ sein sollen.“
Fuhlrott empfiehlt Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei Fragen zur Umsetzung der Verordnung Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verweist.
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Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius
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