(Stuttgart) Eine außerordentliche Kündigung ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass den Arbeitgeber die Krankmeldung verspätet erreicht.
Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.
Im vorliegenden Fall nahm eine Arbeitnehmerin in der Zeit vom 1. Juli bis zum 17. Juli 2020 ihren Jahresurlaub. Am darauffolgenden Montag sollte sie eigentlich wieder zur Arbeit erscheinen. Dies geschah jedoch nicht. Vielmehr war sie für ihren Arbeitgeber weder telefonisch noch per E-Mail erreichbar. Den Arbeitgeber erreicht auch keine Krankmeldung. Der Grund für diese Situation war, dass die Arbeitnehmerin sich stationär im Krankenhaus befand. Die Parteien stritten also wegen verspäteter Krankmeldung.
- Streit wegen verspäteter Krankmeldung
Den Arbeitgeber erreicht am 10. August 2020 eine Krankmeldung per E-Mail. Dies erfolgte allerdings nicht durch die Arbeitnehmerin selbst, sondern den Sozialdienst des Krankenhauses. Im Krankenhaus befand sich die Arbeitnehmerin allerdings bis zum 18. September 2020. Am 11. August erklärte der Arbeitgeber dann die außerordentliche Kündigung und zahlte für die Monate Juli sowie August kein Gehalt mehr.
- Arbeitsgericht: Kündigung unwirksam
Das mit dem Fall befasste Landesarbeitsgericht musste entscheiden, ob eine außerordentliche Kündigung wegen einer verspäteten Krankmeldung wirksam ist. Grundsätzlich trifft die Arbeitnehmer nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz die Pflicht eine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. Ein ärztliches Attest ist dann spätestens am dritten Tag einzureichen. Wird dies unterlassen so kann dies zu Pflichtverletzung und im Einzelfall zu einer außerordentlichen Kündigung.
- Außerordentliche Kündigung wegen verspäteter Krankmeldung unwirksam
Bei einer außerordentlichen Kündigung gilt das ultima ratio-Prinzip. Die fristlose Kündigung darf nur das letzte Mittel sein. In der Regel muss vorher eine Abmahnung als milderes Mittel ausgesprochen werden. Hier entschied das Gericht genau das. Zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung bestand die Pflichtverletzung nicht mehr fort, weil der Arbeitgeber Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit besaß. Demzufolge wäre eine Abmahnung hier als milderes aber gleich effektives Mittel in Frage gekommen.
- Folgen für die Praxis
Der Arbeitgeber muss stets darauf achten, dass eine außerordentliche Kündigung das letzte Mittel der Wahl ist. Vorher sollte im Zweifelsfall eine Abmahnung ausgesprochen werden. Aber auch Arbeitnehmer sollten Vorkehrungen treffen, wie sie ihren Arbeitgeber über eine Arbeitsunfähigkeit in Kenntnis setzen.
Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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