(Stuttgart) In Deutschland belegene Immobilien können steuerfrei vermacht werden, wenn der Erblasser dem Begünstigten die Immobilie durch ausländisches Vermächtnis zuwendet. Voraussetzung ist jedoch, dass weder der Erblasser noch der Begünstigte Deutsche sind und beide im Ausland leben.

Das, so der Stuttgarter Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn, Vizepräsident der DANSEF Deutsche Anwalts‑, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Pressemitteilung vom 28.02.2023 hat der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 23.11.2022 – II R 37/19 entschieden.

Die im Jahr 2013 verstorbene Erblasserin hatte bis zu ihrem Tod in der Schweiz gewohnt. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte, der Klägerin, eine Immobilie in München. Im Jahr 2014 wurde das Vermächtnis erfüllt und die Klägerin wurde als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt verlangte von ihr Erbschaftsteuer für diesen Immobilienerwerb. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, sie schulde aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes und ihrer dadurch nur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland keine Steuer.

Der BFH bestätigte diese Auffassung.

Wendet ein im Ausland lebender Erblasser einer ebenfalls im Ausland lebenden Person durch Vermächtnis inländischen Grundbesitz zu, muss der ausländische Begünstigte hierauf keine deutsche Erbschaftsteuer bezahlen. Anders als deutsche Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland sind ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer nur in beschränktem Umfang steuerpflichtig. Sie zahlen Erbschaftsteuer ausschließlich für den Eigentumserwerb an bestimmten gesetzlich definierten Vermögenswerten, darunter grundsätzlich inländische Immobilien. Werden sie jedoch im Testament des Erblassers durch Vermächtnis mit solchen Immobilien bedacht, bleibt dies ausnahmsweise steuerfrei. Insoweit besteht eine Gesetzeslücke. Grund dafür ist, dass beim Vermächtnis der Begünstigte nicht die Immobilie selbst, sondern nur einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dieser Immobilie erwirbt. Die Eigentumsumschreibung muss dann noch separat im Anschluss erfolgen und bedarf der notariellen Beurkundung. Anders verhält es sich, wenn ausländische Erben im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge inländischen Grundbesitz erhalten. Denn dann geht das Eigentum an der inländischen Immobilie direkt mit dem Tod des ausländischen Erblassers auf den ebenfalls ausländischen Erben über. Darauf fällt deutsche Erbschaftsteuer an.

Nach der Bestätigung durch den BFH kann die Praxis den steuerfreien Erwerb inländischer Immobilien durch ausländische Vermächtniseinsetzung als legales Gestaltungsmodell nutzen. Seit 2015 und dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung ist bei Erbfällen im EU-Ausland allerdings Vorsicht geboten: In bestimmten EU-Ländern, z.B. Polen, entfaltet ein Vermächtnis direkte Wirkung. Das bedeutet, dass auch die durch Vermächtnis begünstigte Person direkt das Eigentum an dem inländischen Grundvermögen erbt. Ein steuerfreier Erwerb inländischer Immobilien ist dann nicht möglich.

Henn empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts‑, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

 

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